Heute back' ich, morgen brau' ich. Teil 1: Unser täglich Fladenbrot gib uns heute?
Das Brot des frühen Mittelalters wird häufig als Aschenbrot beschrieben. Flache Fladen wurden in den Kohlen des Herdfeuers gebacken und ähnelten einer Art Knäckebrot. Erst ab 1300 kam der mittelalterliche Mensch zunehmend in den Genuss eines mit Triebmitteln gebackenen Brotlaibes, wie wir ihn heute kennen (vgl. Schubert 2016, S.84). Sollte das Bäckereiwesen im frühen Mittelalter ein weiteres Opfer der massiven kulturellen Rückschritte nach der Völkerwanderungszeit sein?

Sauerteigbrote sind keine spätmittelalterliche Erfindung. Vergorener Teig zur Herstellung eines lockeren Brotes kommt als Überlieferung aus den Jahren 1400-1200 v.Chr. bereits mit dem Auszug der Israeliten im 2. Buch Mose auf uns (2Mo 12,15). Auch Plinius d. Ä. (23-79) beschreibt die Herstellung von Weizensauer mit Kleie und Traubenmost (Naturalis historia 18,26). Dass dieses Wissen auch zur Zeit Karls des Großen erhalten geblieben ist, zeigt uns das Lorscher Arzneibuch: „Vor allem esse man weißes, gut gesäuertes Brot, nicht ungesäuertes. Und gut gebacken soll es sein, denn wenn es nicht gut aufgegangen ist, liegt es schwer im Magen.“ (Auszug aus dem „Epistula Anthimi ad Theodoricum regem“, Msc.Med.1, fol. 72r).
Anthimus, Retter unserer fränkischen Brotkultur, behält mit seinen Empfehlungen Recht. Die Fermentierung des Teigs hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Verdauung. Gesäuertes Brot hält sich auch länger frisch, schmeckt besser und klebt weniger an den Zähnen. Diese zahlreichen Vorteile mussten auch den frühmittelalterlichen Menschen überzeugt haben, seinen Brotteig fürderhin (wenn das nicht sowieso Sitte war) gären zu lassen. Dass Brote zumindest in Klöstern, Burgen und Kaiserpfalzen nicht ausschließlich in der Herdasche gebacken wurden, zeigen die zahlreichen halbgemauerten Kuppelöfen dieser Zeit. Auch in Dörfern nutzte die Bevölkerung oft Gemeinschaftsöfen in Backhäusern (vgl. Werner/Dummer 2018, S.17).
Der Brotlaib darf also auf unserer Tafel bleiben. Ein Glück!
Im nächsten Beitrag möchte ich an die Ergebnisse von Christine und René anknüpfen, die sich in ihrem Blog ausführlich mit der Terminologie von Hefe und Sauerteig im Mittelalter beschäftigt haben (nachzulesen hier). Ist diese Unterscheidung als Triebmittel überhaupt sinnvoll? Wie kann man Sauerteig und Hefe züchten und damit backen? Es bleibt spannend. Und lecker.
Heute Back ich, morgen Brau ich. Teil 2: Faex und fermentum
Werner, Achim/Dummer, Jens: Backen. Von der Steinzeit bis ins Mittelalter, Stuttgart 2018.
Schubert, Ernst: Essen und Trinken im Mittelalter, Mainz 2006.
Digitalisat der Handschrift Msc.Med.1 (mit deutscher Übersetzung) der Staatsbibliothek Bamberg